Direkt zum Seiteninhalt

Meinungsfreiheit auf Bewährung – Artikel 5 GG als Endlagerfall

Menü überspringen
Sarkasmus-Spiegel
Sarkasmus
Menü überspringen

Meinungsfreiheit auf Bewährung – Artikel 5 GG als Endlagerfall

Sarkasmus & Satire
Veröffentlicht von Manuela Nicolaus in Politik · Freitag 20 Jun 2025 · Lesezeit 2:30
Tags: MeinungsfreiheitArtikel5GGGrundgesetzBundesverwaltungsgerichtjuristischerSpagatRealitätfreieMeinungSauerstoffgerät
Während sich das Bundesverwaltungsgericht heute in einen weiteren juristischen Spagat windet, um das Grundgesetz möglichst elegant an der Realität vorbeizujonglieren, atmet die freie Meinung in diesem Land mittlerweile nur noch mit Sauerstoffgerät. Artikel 5 Absatz 1 GG – Sie erinnern sich, das war mal die Vorschrift mit dem "Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten" – dient heutzutage offenbar bestenfalls noch als dekoratives Zitat in politischer Sonntagsrhetorik oder als bedruckte Wandtapete in Behördenfluren.

Die Wahrheit ist: Wer heute zu laut denkt, bekommt Post. Und zwar nicht die nette mit Werbung für Zahnzusatzversicherungen, sondern Einschreiben mit strafprozessualem Nachdruck. Ich spreche da aus Erfahrung. Die §§ 185 (Beleidigung), 186 (Üble Nachrede), 187 (Verleumdung) und 164 (Falsche Verdächtigung) des StGB entwickeln sich zunehmend zu einem Meinungs-Verhinderungs-Komplettpaket, auch bekannt als „Gesinnungs-Bremse Deluxe“.

Es ist, als lebe man in einem politischen Feuchtbiotop, in dem zwar jede Orchidee der Empfindlichkeit liebevoll gegossen wird – aber für robuste Pflanzen der freien Rede herrscht Trockenperiode. Wer hier noch glaubt, seine Meinung öffentlich sagen zu dürfen, sollte sich auf das juristische Pendant zur Schrotflinte hinterm Vorhang gefasst machen.

Die heutige Entscheidung des höchsten Verwaltungsgerichts der Republik passt da wie ein Bundesadler aufs Brötchenpapier: Die Meinungsfreiheit, so lernt man, endet spätestens dort, wo sie irgendjemandem nicht gefällt. Und wer entscheidet, wem was nicht gefällt? Richtig – dieselben Leute, die sich ihre Kritikresistenz täglich mit Eitelkeit polieren und jede Form von Satire für eine terroristische Bedrohung halten, sobald sie das eigene Weltbild auch nur leicht kitzelt.

Das Ganze erinnert zunehmend an ein autoritäres Kneippbad mit warmem Wasser für Konformisten und kalten Duschen für alle anderen. Wer nicht mitschwimmt, wird trocken gelegt.
Aber immerhin, es gibt ja noch mutige Medien wie COMPACT, die über solche Urteile berichten – auch wenn man bei der Erwähnung ihres Namens in gewissen Kreisen bereits prophylaktisch auf eine Hausdurchsuchung hoffen darf. Danke an dieser Stelle für die Information. Man fühlt sich nicht mehr ganz so einsam in der ideologischen Eiszeit.

Was bleibt also von Artikel 5 GG?
Ein feuchter Dreck, wie man bei uns im Norden sagt – oder höflicher: ein Verfassungsrelikt mit musealem Mehrwert. In der Praxis ist die Meinungsfreiheit heute wie ein Sammlerobjekt: Jeder kennt sie, keiner darf sie benutzen.

Deshalb mein Vorschlag: Wir lagern sie offiziell ein. Vielleicht neben dem Länderfinanzausgleich oder der Wehrpflicht. Dann können spätere Generationen im Rahmen von Führungen durchs „Museum der verblichenen Grundrechte“ wenigstens noch ein Foto machen – ohne Blitz, versteht sich.
      



Zurück zum Seiteninhalt